Gibt es auf der Welt noch gute Menschen?

In DS, Exkursion, Theateraufführung by Jan Schlueter

Theaterbesuch in Trier: „Der gute Mensch von Sezuan“

Am 04.10.22 besuchten wir, alle vier Grundkurse Darstellendes Spiel der Mätthi, gemeinsam mit unseren Lehrerinnen Frau Badry, Frau Berscheid, Frau Meinen und Frau Stecker im Theater Trier das Stück "Der gute Mensch von Sezuan" von Bertold Brecht in einer Inszenierung von Christina Gegenbauer.

Nachdem mein Bus erstmal viel zu spät war und ich einmal durch die Fußgängerzone sprinten musste, um wenigstens nur zwei Minuten des Parabelstücks zu verpassen, konnte es endlich losgehen. Ich kam rein in den Saal und habe erstmal einen Mann auf der Bühne kniend schreien gesehen. Noch komischer wurde es, als drei Götter erschienen. In goldene Anzüge gekleidet und mit viel Licht begleitet, hatten sie eine sehr merkwürdige Gangart - überhaupt ihre ganze Art war eigentlich merkwürdig. Sie gestikulierten stark mit den Händen und sprachen… ähhh - eben nicht modern.

Warum sie auf die Erde gekommen sind? Seht ihr die Frage in der Überschrift? Dasselbe fragten sich die Götter auch.

Ein guter Mensch war für sie jemand, der gottesfürchtig ist und all ihre Regeln befolgt. Diesen Menschen hatten sie in Shen Te, einer Prosituierten, gefunden. Die Götter gaben ihr eine Belohnung für ihre Unterkunft, mit der sie sich einen Tabakladen kaufte. Da aber die „guten“ Menschen in dieser Welt gerne ausgenutzt werden, war Shen Te schnell in großer Not und dachte, sie müsse ihren kleinen Laden wieder verkaufen. Hat sie natürlich nicht - wer hätte es gedacht! Stattdessen verkleidet und gibt sich als ihren eigenen Vetter Shui Ta aus. Ihr denkt nun, das sei strange?

Naja… im Laufe des Stücks wird Shen Te bzw. Shui Ta, denn mal ist sie die, mal ist sie der, von einem Mann schwanger, der sie nur wegen ihrer Großzügigkeit im Umgang mit Geld liebt, was sie weiß und trotzdem möchte sie ihn heiraten. Zwischenzeitlich dann aber doch lieber den Friseur, der ihr dagegen viel Geld bietet. Sie vergrößert ihren Laden und macht alle, die vorher wie Parasiten in ihrem Laden hausten, zu ihren Arbeitern.
Sie tritt so gar nicht mehr aus der Rolle des Shui Ta heraus und wird am Ende sogar beschuldigt, Shen Te getötet zu haben!

Aber hinter all diesen Kuriositäten konnte man dann doch irgendwie eine Message entdecken: Kann es auf dieser Welt überhaupt noch „gute“ Menschen geben beziehungsweise haben die Menschen überhaupt noch die Chance oder die Möglichkeit, etwas „Gutes“ zu tun, ohne direkt ausgenutzt zu werden? 

Genau diese Fragen blieben auch am Ende offen, deswegen war es auch ein offenes Ende, logisch oder? Bei diesem offenen Ende kamen dann alle Schauspieler zu uns in den Raum und eine der Schauspielerinnen meinte (Zitat aus Erinnerung): „Wir stehen selbst enttäuscht und betroffen hinterm Vorhang und alle Fragen sind offen“, um uns zum Denken aufzufordern, uns selber diese Fragen zu beantworten und somit auch ein eigenes Ende für den Schluss zu finden.

Die Schauspieler*innen kamen dann noch einige Male (also wirklich oft) auf die Bühne, um sich zu verbeugen und wir haben alle natürlich kräftig applaudiert.
Danach sind wir todmüde nach Hause gefahren und haben diese eindrucksvolle Aufführung auf uns wirken gelassen.

Eine Schülerin des Gk DS 11

Hier ergänzend noch ein paar O-Töne der 12er und 13er Kurse nach der Besprechung:
"Das Brecht-Stück war schon wesentlich anspruchsvoller als die Shakespeare-Inszenierung letztes Jahr, trotzdem fand ich es besser, da kam mehr rüber."
"Mega war, dass Jakob und Robin von unserer Schule dabei waren als Bürger Sezuans!"
"Meine Magic Moments waren der kleine Junge mit dem Papierflieger zu Beginn und das Lied vom achten Elefanten."
"Das Ende hat mir sehr gut gefallen, da dort so offensichtlich die vierte Wand durchbrochen wurde und Shen Tes Prolog auf alle Schauspieler*innen verteilt an den Seiten des Zuschauerraums gesprochen wurde, das war Gänsehaut!"

"Wir müssen selber sehen, wie wir klarkommen und wenn die Welt verbessert werden soll und das muss sie, bringt es uns nichts, auf Götter zu warten."


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 04.10.2022   DS-Kurse   beide Bilder von Marco Piecuch, Presse Theater Trier mit herzlichem Dank!